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Multimedia Primacall: Mit Zermürbetaktik auf Kundenfang

Mit aggressivem Telefonverkauf und verwirrenden Angaben lockt der Telekomanbieter Primacall AG immer wieder neue Opfer in die Falle. «Kassensturz» sagt, wie man sich vor solchen Verträgen schützen kann.

Andrea Gehrig ist genervt: Täglich wird sie von äusserst aggressiv auftretenden Verkäufern des Telekomanbieters Primacall AG angerufen. Da sie diesem Telefonterror endlich ein Ende setzten will, hört sie sich das Angebot eines Tages an, in der Hoffnung, die störenden Anrufer ein für allemal abwimmeln zu können.

Und plötzlich war da ein Vertrag

Doch stattdessen tappte sie in die Falle: «Die Dame am Telefon redete dermassen auf mich ein, dass ich völlig überfordert war. Ich wusste überhaupt nicht, worum es genau ging. Und immer wieder fragte Sie, ob ich einverstanden sei». Die junge Mutter verneint immer wieder. Doch irgendwann – abgelenkt durch das Mittagessen auf dem Herd und die kleine Tochter – muss sie wohl ja gesagt haben. Denn die Verkäuferin am anderen Ende bedankt sich für einen Vertragsabschluss und beendet bald das Gespräch.

Frau Gehrig hat ohne es zu wollen einen so genannten Preselection-Vertrag abgeschlossen – mit einer Laufzeit von zwei Jahren. Die Kundin bezahlt so nach wie vor 25 Franken Grundgebühr für den Telefonanschluss an die Swisscom, die Gesprächsgebühren aber an die Firma Primacall. Mit diesem Angebot könne man sehr günstig telefonieren, verspricht der Anbieter. Tatsächlich ist das aber nicht immer der Fall. Und wer den Vertrag annullieren möchte, wird konsequent zurückgewiesen. Begründung: Die mündliche Vertrags-Zustimmung sei auf Tonband registriert.

Opfer dachten, das Angebot sei von Swisscom

Frau Gehrig ist bei weitem nicht die einzige. In letzter Zeit gingen aussergewöhnlich viele Meldungen zu Primacall AG bei «Kassensturz» ein. Auffällig dabei: Bei den Opfern handelt es sich vorwiegend um ältere Leute, die sich mit komplizierten Telefontarifen nicht auskennen. Und: Sämtliche Opfer waren der Meinung, Primacall AG rufe im Namen der Swisscom an.

Primacall weist die Vorwürfe zurück. In ihrer Stellungnahme schreibt sie, dass weder ein schlichtes «Ja» des Kunden zu einem Vertragsabschluss führe, noch der Anschein erweckt werde, man rufe von der Swisscom an.

Swisscom prüft rechtliche Schritte

Doch auch bei der Swisscom häufen sich die Beschwerden. Swisscom-Mediensprecherin Annina Merk zeigt sich wenig erfreut: «Swisscom nimmt diese Rückmeldungen ernst und prüft mögliche rechtliche Schritte gegen Primacall.» Betroffenen Kunden rät Swisscom, die Ratschläge des Bundesamtes für Kommunikation (BAKOM) zu befolgen.

Dazu gehört, dass der Kunde wider Willen bei Primacall unverzüglich den Beweis für den angeblichen Preselection-Antrag verlangt – zum Beispiel eine Tonbandaufnahme. Ist die Firma nicht im Stande, diesen Beweis innert 10 Tagen zu liefern, muss sie den vorherigen Zustand des Anschlusses wieder herstellen. Sollte sie sich weigern, wird empfohlen, dem BAKOM schriftlich Meldung zu machen. Dort wird dann geprüft, ob rechtliche Aufsichtsmassnahmen ergriffen werden müssen.

Der Vertrag entstand im Irrtum

Rechtsexpertin Doris Slongo rät zudem, den Vertrag möglichst schnell per Einschreiben anzufechten. Denn dieser sei unverbindlich: «Man hat ja keinen Vertrag mit Primacall abschliessen wollen und wurde durch verwirrende Informationen am Telefon getäuscht.» Die Juristin ist der Meinung, dass das harsche Vorgehen von Primacall gegen das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb verstösst und bestraft gehört. «Man sollte sich wirklich überlegen, Strafanzeige zu erstatten und das dem Anbieter auch so mitteilen.»

Weitere Tipps und Musterbriefe finden Sie unter der Rubrik «Mehr zum Thema».

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