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E-Zigaretten helfen, haben aber einen Haken
Aus Wissenschaftsmagazin vom 17.02.2024. Bild: IMAGO / Pond5 Images
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Die letzte Zigarette Helfen E-Zigaretten vom Nikotin wegzukommen?

Eine grosse Schweizer Studie zeigt: E-Zigaretten können dabei helfen, vom Tabak wegzukommen – aber nicht vom Nikotin.

Wer mit dem Rauchen aufhören will, dem stehen verschiedene Optionen zur Verfügung: kalter Entzug, Nikotinersatzprodukte wie Pflaster oder E-Zigaretten. Doch helfen E-Zigaretten wirklich dabei, langfristig die Finger vom Tabak zu lassen?

Die grosse E-Zigaretten-Studie

Dieser Frage ging Reto Auer, Professor und Leiter der Abteilung Substanzkonsum am Berner Institut für Hausarztmedizin auf den Grund. In einer von der Tabakindustrie unabhängigen Studie hat er in fünf Schweizer Städten 1246 aufhörwillige Raucherinnen und Raucher beim Ausstieg begleitet.

IQOS, Ploom und Glo sind keine E-Zigaretten

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Tabakerhitzer, die beispielsweise unter den Markennamen IQOS, Ploom und Glo verkauft werden, sind nicht vergleichbar mit den E-Zigaretten, die Reto Auer in seiner Studie untersucht hat. E-Zigaretten enthalten im Vergleich zu den Tabakerhitzern von IQOS und weiteren kommerziellen Anbietern nämlich keinen Tabak, sondern eine Flüssigkeit, in der meist auch Nikotin enthalten ist.

Reto Auer betont: Nach heutigem Wissensstand lösen Tabakerhitzer weitaus mehr toxische und krebserregende Stoffe aus als E-Zigaretten.

Die Hälfte der Studienteilnehmenden erhielt eine Rauchstoppberatung über mehrere Monate hinweg sowie einen Einkaufsgutschein, den sie auch für Nikotinersatzprodukte wie Kaugummis oder Pflaster verwenden durften. Die andere Hälfte erhielt zusätzlich zur Rauchstoppberatung kostenlos E-Zigaretten.

E-Zigaretten unterstützen den Rauchstopp, aber nicht den Nikotinstopp

Sechs Monate nach Studienstart haben knapp 40 Prozent der E-Zigarettengruppe seit mindestens einer Woche keine Tabakzigarette mehr geraucht. In der Kontrollgruppe, die eine Rauchstoppberatung und einen Gutschein erhielt, waren es nur etwa halb so viele.

Mit dem Nikotin aufzuhören, gelang der Kontrollgruppe aber besser: rund 35 Prozent waren abstinent, in der E-Zigarettengruppe hingegen maximal rund 20 Prozent.

Vorsicht beim Kauf von E-Zigaretten

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Auch wenn E-Zigaretten grundsätzlich weniger gesundheitsschädigend sind als Tabakzigaretten, gibt es dennoch Unterschiede zwischen verschiedenen Produkten. So hat das kantonale Labor Basel vor wenigen Monaten den Verkauf von sieben Einweg-E-Zigaretten verboten, weil diese den maximal zulässigen Nikotingehalt überschritten hatten, der Bleigehalt an den Lötstellen den gesetzlichen Grenzwert überschritt, oder weil sie Substanzen enthielten, die die Fruchtbarkeit gefährden.

Wer Zigaretten durch E-Zigaretten ersetzt, hat gemäss der Studie also grössere Chancen, vom Tabak wegzukommen, hört aber weniger wahrscheinlich komplett mit dem Nikotin auf. Zumindest während eines Zeitraums von sechs Monaten.

Sind E-Zigaretten besser als Zigaretten?

Dennoch seien E-Zigaretten sicher deutlich weniger gesundheitsschädigend als Tabakzigaretten, betont Reto Auer.

Dem stimmt auch Professor Martin Brutsche zu, Chefarzt am Lungenzentrum des Kantonsspitals St. Gallen und ebenfalls an der Studie beteiligt. Rauche man eine Zigarette, dann inhaliere man neben dem Nikotin Feinstaub, eine Vielzahl krebserregender Substanzen sowie Kohlenmonoxid, welches die Sauerstoffversorgung beeinträchtige. Die Liquids in E-Zigaretten hingegen, so Brutsche, enthalten hauptsächlich Nikotin, Aroma- und Zusatzstoffe.

Wie der Rauch- und Nikotinstopp gelingt

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Der Rauchstopp gleiche einer Sportart, wie beispielsweise Tennis: Man muss es üben, sagt Martin Brutsche vom Kantonsspital St. Gallen. Nötig sei, dass man zunächst den Willen aufbringt, aufzuhören. Bei Rückschlägen müsse man sich überlegen: Warum hat es nicht geklappt? Was kann ich das nächste Mal besser machen? Wenn der Rauchstopp nicht gelingen wolle, dann solle man professionellen Rat aufsuchen, beispielsweise beim Hausarzt oder in einer Rauchstoppsprechstunde.

Wer E-Zigaretten für den Rauchstopp einsetzen wolle, solle diese nur über eine beschränkte Zeit von zwei bis drei Monaten tun und dabei den Nikotingehalt stetig reduzieren, empfiehlt die Lungenliga.

Trotzdem könne bei E-Zigaretten nicht die Rede von «gesund» sein, teilt Claudia Künzli, Präventionsexpertin von der Lungenliga Schweiz auf Anfrage mit. Die Lungenliga rät allgemein vom Gebrauch von E-Zigaretten ab. Denn auch E-Zigaretten enthalten neben dem Nikotin giftige und krebserregende Stoffe.

Deswegen empfiehlt die Lungenliga grundsätzlich die wissenschaftlich geprüften und als Heilmittel anerkannten Medikamente wie Nikotinkaugummis. Gemäss Reto Auer haben diese allerdings einen Nachteil: Das Nikotin werde viel langsamer im Körper aufgenommen. E-Zigaretten hingegen befriedigen auch das Bedürfnis nach dem Nikotinkick.

Die Risiko-Nutzen-Abwägung

In einer Sache sind sich die drei Experten aber einig: Wenn man mehrere Methoden für den Rauchstopp ausprobiert hat und es nicht klappen will, kann es sinnvoll sein, es mit E-Zigaretten zu versuchen.

Es ist also eine Risiko-Nutzen-Abwägung, sagt Martin Brutsche: Konsumiert man bereits Tabakprodukte, kann man die Gesundheitsrisiken mit E-Zigaretten mindern. Sei man hingegen Nichtraucher, erhöhe man mit dem Konsum von E-Zigaretten das Risiko für Abhängigkeit und gesundheitliche Probleme.

«Puls»-Sendung zum Thema

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«Puls» wird in der Sendung vom 15. April 2024 über die Schweizer E-Zigarettenstudie berichten. Um 21:05 Uhr auf SRF 1.

Wissenschaftsmagazin, 17.2.2024, 12:40 Uhr

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